Joseph Haydn


SEEHAS, Schwerin, HAYDN

Franz Joseph Haydn

* 31. März oder 1. April 1732 in Rohrau, Niederösterreich

† 31. Mai 1809 in Wien

Christian Ludwig Seehas (1753–1802)

Portrait Joseph Haydn. 1785

© Schwerin, Staatliches Museum



Sinfonie Nr. 99


Joseph Haydn

1732–1809

 Symphonie Nr. 99

Es-Dur

[1793]

 

1 Adagio – Vivace assai

2 Adagio

3 Menuetto  Allegretto

4 Vivace

 

 

8. 6. 2008   Konzert Nr. 14


Die siebente der zwölf Londoner Symphonien

 

„Musica ex patria“, also Kompositionen, die in der Fremde entstanden, im Exil gar oder, wie bei Haydn: für seinen England-Aufenthalt – da liegt es nahe, eine seiner zwölf Londoner Symphonien zu spielen. Aber welche? »Die Uhr« hatten wir bereits auf dem Programm (Juni 2006) und die anderen, durch ihre Namen mehr oder weniger bekannten Londoner Symphonien, also die »Mit dem Paukenschlag«, die »Mit dem Paukenwirbel«, die »Militärsymphonie« oder »The Miracle« sollten es nicht sein. Und es sollte eine sein mit voller Besetzung, also inklusive Klarinetten. Da haben wir jene ausgewählt, die angeblich Haydns Lieblingssymphonie war – und haben prompt jene (einzige?) erwischt, die er gar nicht in London komponiert hat, sondern von zuhause im Reisegepäck nach London mitbrachte. So muss jetzt die Gesamtheit der zwölf Londoner Symphonien für die Berechtigung dieser einen herhalten, unter unserem Motto „musica ex patria“ aufgeführt zu werden.

 

Die Uraufführung der Symphonie Nr. 99 erfolgte am 10. Februar 1794 im ersten Abonnementskonzert des Violinisten und Konzertveranstalters J. P. Salomon in den Hanover Square Rooms, nur fünf Tage nach Haydns Ankunft in London. Haydn dirigierte vom Cembalo aus, der Erfolg war überwältigend. So meldet die Zeitschrift Morning Chronicle am Fologetag:

„Der unvergleichliche Haydn schuf eine Ouvertüre [die Symphonie Nr. 99], die sich nicht mit gewöhnlichen Worten beschreiben lässt. Sie ist eine der großartigsten Leistungen der Kunst, die wir jemals erlebt haben. Sie ist reich an neuartigen, großen und eindringlichen musikalischen Gedanken, sie erhebt die Seelen und die Gefühle. Das Werk wurde mit begeistertem Applaus begrüßt.“ (Ulm, S. 134)

 

Mit seiner Es-Dur-Symphonie Nr. 99 beschritt Haydn in mancherlei Hinsicht Neuland, vor allem was die Verwirklichung klanglicher Vorstellungen betraf. [...] Erstmals hat Haydn in diesem Werk [...] zwei Klarinetten verwendet. [...] Dem 61-Jährigen ist damit nicht weniger gelungen, als die volle Besetzung der Holzbläser in der klassischen Symphonik zu etablieren, wobei er sie immer wieder mit anspruchsvollen, konzertant-virtuosen Aufgaben betraut hat. Auffallend ist dabei die Differenzierungslust, mit welcher der Komponist über sein großes Orchester (inklusive zweier Flöten statt nur einer, Trompeten und Kesselpauken) verfügt und es vom klanggewaltigen Tutti bis hin zu transparenten kammermusikalischen Formationen variabel einsetzt. (Ulm, S. 131) | Michael Knoch

 

 

Ein paar Betrachtungen zur Symphonie und ihrer grundsätzlichen Beurteilung und Wertschätzung 

(alle folgenden Zitate aus »Renate Ulm, Haydns Londoner Symphonien, Kassel 2007«).

 

In der Gunst der Hörer stehen die Londoner Symphonien nicht eben obenan. Das hat jedoch, wie es scheint, weniger mit den Werken selbst zu tun als damit, dass man Maßstäbe an sie anlegt, die an ganz anderen Werken gebildet wurden. Man misst die Londoner Symphonien nämlich meist an Beethovens Eroica und der an sie anknüpfenden Geschichte der Gattung bis Gustav Mahler. Von dieser Warte aus betrachtet sind sie selbstredend nur Vorläufer. Gattungsgeschichte vollzieht sich jedoch nicht linear-eindimensional, was bedeutet, dass nicht alles, was einmal war, eine Fortsetzung findet oder – im Sinne Hegels – im Nachfolgenden wahrhaftig und vollständig aufgehoben wäre. Die Eroica, knapp zehn Jahre nach den Londoner Symphonien entstanden, ist weniger Fortsetzung der Tradition als Bruch mit ihr. Mit diesem Werk beginnt, und zwar durchaus radikal, ein neuer Weg. Jetzt erst wird die Symphonie zu jener großen, heroischen Gattung, die sie bis in die Gegenwart hinein ist und die jeder meint, wenn er von Symphonie spricht. Die Londoner Symphonien waren noch nahezu ausnahmslos Einleitungsstücke für Konzerte, weshalb sie auch meist Ouvertüre hießen. Diese Bescheidenheit gibt die Symphonie nach Haydn auf. Mit der Eroica weiten sich die inneren wie die äußeren Dimensionen über das klassische Maß hinaus. [...] Die Symphonie versteht sich [nun] als Sprachrohr tragischen Weltverständnisses, als Ideenkunstwerk, als Weltanschauungsmusik, wie man die Symphonien Mahlers genannt hat.

    Dergleichen war Haydn völlig fremd. [...]

    Die Geschichte der Symphonie seit Beethoven hat mit jener bis hin zu Haydns Londoner Symphonien [...] nur bedingt zu tun. Vielleicht darf man, um den Tatbestand zu veranschaulichen, eine Anleihe bei August Halm machen und von »zwei Kulturen der Symphonie« sprechen. Der Titel des berühmten Buches Von zwei Kulturen der Musik [...] bezieht sich auf die Bachsche Fuge und die Beethovensche Sonate, zwei Ausprägungen von Musik, die Halm als grundverschiedene Welten verstand. Ähnlich verhält es sich mit den Londoner Symphonien auf der einen und denen von Beethoven bis Mahler auf der anderen Seite. Man wird ihnen nicht gerecht, wenn man jeweils die eine aus dem Blickwinkel der anderen betrachtet. Sie entsprechen divergenten ästhetischen Vorstellungen, die kaum miteinander vereinbar sind, aber jede für sich ihre Berechtigung haben.

    Die Symphonik von Beethoven bis Mahler hat sich durchgesetzt, was aber nicht heißt, dass die Idee des Symphonischen, wie Haydn sie verstand, völlig verloren gegangen wäre. Zumindest zu Beginn des 19. Jahrhunderts war sie noch lebendig, wie etwa Schuberts frühe Symphonien belegen, und sie war auch später noch wirksam. Werke wie die C-Dur- Symphonie von Georges Bizet (1855) der die Petite Symphonie für 9 Bläser von Charles Gounod (1888) lehnen sich, nicht zuletzt in ihrem Verzicht auf Monumentalität und großes Pathos, an Haydn an. [... Oder] man denke an Prokofjews Symphonie classique (1916/17) oder an die Symphonie in C von Strawinsky (1938–1940). Sie haben freilich die allgemeine Einschätzung nicht verändert. Das im 18. Jahrhundert liebevoll geprägte Wort vom »Papa Haydn« bekam im 19. Jahrhundert einen verächtlichen Unterton. Heute führt es zwar keiner mehr im Munde, aber dass Haydn vom gleichen Range ist wie seine zwei Klassikerkollegen Mozart und Beethoven und dass seine Londoner Symphonien eine eigene Kultur der Symphonie repräsentieren – und zwar die klassische schlechthin –, hat sich noch immer nicht überall herumgesprochen. (S. 36 ff)

 

Hier ein interessanter Aspekt zur Machart gerade der Symphonien Joseph Haydns:

Geführt wird das Orchester der Londoner Symphonien von den Streichinstrumenten, was quantitativ wie qualitativ zu verstehen ist. Einen Grund dafür mag man in der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Symphonie sehen; denn die Gattung nahm vom Streichquartett ihren Ausgang. Wichtiger erscheint jedoch ein anderer Aspekt. Eine Musik von der Beweglichkeit und dem Tempo der Haydnschen, mit so ausgeprägter Vorliebe für wirbelnde Figuren und turbulenten Passagen, die oft wie entfesselt wirken, setzt die Dominanz der Streichinstrumente voraus. Die so charakteristische Leichtigkeit der Londoner Symphonien, ein Merkmal, das in der weiteren Symphoniegeschichte immer mehr verloren ging, ist anders gar nicht realisierbar. Die offenkundige Orchesterhierarchie ist also die Konsequenz der Eigenart dieser Musik. Entsprechend sind die Streichinstrumente nahezu pausenlos beschäftigt und die maßgeblichen Träger des Geschehens. Sie geben den Ton an. Während die übrigen Instrumente primär für die Vollständigkeit und Fülle des Klangs da sind, für die »Harmonie«, wie man Ende des 18. Jahrhundert sagte, decken die Streichinstrumente den gesamten Dynamikbereich unterhalb des Tutti und des Forte bzw. Fortissimo ab. Wo immer die Musik zum Piano zurückweicht, wird sie in der Regel von den Streichern gespielt. (S. 27)



Sinfonie Nr. 101 »Die Uhr«


Joseph Haydn

1732–1809

 Sinfonie Nr. 101

Londoner Sinfonie Nr. 11

»Die Uhr«

 

1 Adagio – Presto

2 Andante

3 Menuetto Allegretto

4 Finale Vivace

 

10. 6. 2006   Konzert Nr. 10 


Am Ende seines Lebens machte Haydn (1732 – 1809) doch noch die ganz große Karriere. Gut 30 Jahre lang hatte der Komponist in der Provinz einer lediglich kleinen, wenn auch nicht unbedeutenden Kapelle der Fürsten Esterházy vorgestanden, hatte für alle möglichen Gelegenheiten Musik geschrieben, war jedoch allenfalls (in den Wintermonaten) nach Wien gereist, sonst aber nicht viel herumgekommen. Als 1790 sein Arbeitgeber, Fürst Nikolaus Esterházy, starb und der Nachfolger mangels Interesse die Kapelle auflöste, hatte Haydn (immerhin knapp 60 Jahre alt) dennoch keine Mühe, weitere Beschäftigung zu finden. Durch die Verbreitung insbesondere seiner Klaviersonaten, Streichquartette und Sinfonien in Abschriften und Drucken war der Name „Haydn“ so bekannt geworden, dass man den Komponisten umgehend für die Saison 1791/92 nach London engagierte. Die Konzerte, in denen insgesamt sechs Sinfonien zur Uraufführung gelangten, waren ein so überragender Erfolg, dass die Einladung für die Saison 1794/95 wiederholt wurde. In diesem Rahmen entstanden Haydns letzte sechs Sinfonien (Nr. 99 – 104), darunter die D-Dur-Sinfonie Nr. 101 mit dem Beinamen »Die Uhr«, deren Uraufführung am 3. März 1794 in London stattfand. Der Beiname »Die Uhr« geht nicht auf Haydn zurück, taucht jedoch schon 1798 in einer Anzeige des Werks auf. Die Bezeichnung spielt auf die Begleitung im langsamen Satzes an, die nicht nur durch ihr stetes Pendeln, sondern auch durch die eigenartige Instrumentation mit II. Geigen, Violoncello im pizzicato und Fagotten gekennzeichnet ist. Schon die erste Rezension rühmte die einfachen Mittel sowie den ungeheuren Effekt und stellte dazu lakonisch fest: „It was Haydn; what can we, what need we say more?“ | U. Sch.

 

Maria Horst

Joseph Haydn 

 

Dem schlichten Volke sangesfroh entsprossen,

Gewächs der ungebrochenen Natur,

Bist du aus edlem Erdreich aufgeschossen,

Ein Reis in kunstgesättigter Kultur.

 

Dem Knaben quoll das holde Gold der Kehle,

Der Jüngling hegte sorgsam sein Talent,

Des Mannes meisterliche Schöpferseele

In später Reife herrlich sich bekennt.

 

Wo ist da die belächelte Perücke,

das Tändeln nur in inhaltslosem Spiel?

Der Spötter über „Papas nette Stücke“

Wiegt uns mit seiner Meinung nicht gar viel.

 

Wir schauen ein Genie ob allen Zeiten,

Wir spüren voller Sonne sein Gemüt,

Es offenbart sein Werk für Ewigkeiten

Ein kernig deutsches Klanggeblüt.

 

aus: Lemacher, Handbuch der Hausmusik, 1948, Seite 98



Sinfonie Nr. 85 »La Reine«


Joseph Haydn

1732–1809

 Sinfonie Nr. 85

»La Reine«

 

1 Adagio – Vivace

2 Romanze Allegretto

3 Menuetto Allegretto

4 Finale Presto

 

 

5. 7. 2003  ► »Klassik im Salon 4«

 

Die Entstehungszeit der sechs »Pariser Symphonien«, im Auftrag der Direktion der »concerts de la loge olympique«, fällt in die Jahre 1785/86 und ihr „Wert“ wurde damals mit 25 Louisdor pro Werk entlohnt – einer erklecklichen Summe Geldes. Ihr künstlerischer Wert bleibt unschätzbar – nicht allein wegen des Einflusses Mozarts (mit dem Haydn seit 1781 befreundet war), dem sich in der thematischen Ausarbeitung melodischer Gedanken nachspüren lässt.  

 

Die Einleitung zum 1. Satz erinnert mit ihrem scharf punktierten Rhythmus an die barocke französische Ouverture.

Im 2. Satz variiert Haydn die Melodie eines französischen Volksliedes: »La belle et gentille (jeune) Lisette«.

Das Menuett könnte von adeligen Damen und Herren in bäuerlicher (Ver-) Kleidung vor dörflicher Kulisse getanzt werden, was damals sehr goutiert wurde. Der letzte Satz schließlich kommt als stürmischer Kehraus in Rondo-Form daher.

 

Diese Symphonie soll eine der Lieblingssymphonien der Königin Marie-Antoinette gewesen sein, was die Namensgebung der Zeitgenossen erklärt. — T.R.G.    



Klavierkonzert G-Dur


Joeph Haydn

1732–1809

 Konzert für Klavier und Orchester G-Dur

Hob. XVIII:4

 

 Sean Nowak, Klavier

 

 

 1. 12. 2002  ► »Klassik im Salon 3«

 

25. 10. 2003  ► Alten Feuerwache

Das Konzert in G-dur, Hob. XVIII:4 dürfte um oder kurz nach 1770 entstanden sein. Zwar existiert keine Reinschrift und keine durch Haydn autorisierte Quelle, der Vergleich der erhaltenen Abschriften und Drucke lässt jedoch den Schluss zu, dass es sich um eine Komposition für Cembalo und Streichorchester handelt. Wenn die Titel eines Teils der Überlieferung bei der Besetzung des Soloparts zwischen Cembalo und Fortepiano die Wahl lassen, drückt dies eher die gängige Praxis am Ende des 18. Jahrhunderts als die Absicht des Komponisten aus.

 

Die Bläserstimmen unserer Version stammen aus einem 1784 in Paris aufgelegten Druck; sie gehen mit Sicherheit nicht auf Haydn zurück, beschränken sich aber im wesentlichen auf die Variation der Klangfarbe. Außer dieser Hinzufügung weist die Bearbeitung auch Veränderungen und Ausschmückungen im Tasteninstrument und in den Streichern auf, die wir jedoch nicht übernehmen. So erhalten wir eine Fassung, die in der Substanz dem Original vermutlich recht nahe steht, aber durch die Besetzung mit modernem Klavier und modernen Instrumenten samt Bläsern etwas kräftiger wirkt. | S. N.

 



Ouvertüre zur Oper »L’isola disabitata«


9. 6. 2002  ► »Klassik im Salon 2«
9. 11. 2002   Auftritt 9 Braunschweig



Notturno Nr. 1 C-Dur


12. 7. 2000  ► Erster Auftritt eastside gayllery  

8. und 9. 9. 2000  ► Zweiter Auftritt Die Etage 

9. 12. 2000  ► Dritter Auftritt Berliner AIDS-Hilfe