Maria Herz


Quelle: Zentralbibliothek Zürich
Quelle: Zentralbibliothek Zürich

Maria Herz

gebürtig Maria Bing

 

* 19. August 1878 in Köln

† 22. Oktober 1950 in New York City



Vier kurze Orchesterstücke & Suite für Orchester


Maria Herz

1878–1950

 

Vier kurze Orchesterstücke
für großes Orchester op. 8 (1929)

 

1. Allegro commodo

2. Agitato

3. Un poco sostenuto

4. Presto

 

&

 

Suite für Orchester op. 13 (1932) – UA!

 

1. Allegro moderato, quasi polacca

2. Andante tranquillo

3. Allegretto

4. Allegro commodo, fließend

5. Marcato

6. Sostenuto

7. Allegro

 

unter der Leitung von Christiane Silber

 

am 10./11. Juni 2023 im  Programm Nr. 41

Geboren als jüngstes von drei Geschwistern wuchs Maria (Mariechen) Bing mit ihren älteren Brüdern in einer bekannten jüdischen Kölner Textilhändlerfamilie auf. Umgeben von Musik und Kunst konnte sie bei hervorragenden Lehrern ernsthaft Musik studieren. 1901 heiratete sie den jüdischen Chemiker Albert Herz. Das Ehepaar ließ sich in England nieder, wohin Herz wegen starkem Antisemitismus bereits Ende des 19. Jahrhunderts ausgewandert war. Trotz Geburt ihrer vier Kinder Herbert, Robert, Nora und Marga wirkte Maria Herz in der Grafschaft Yorkshire als Konzert-Organisatorin, trat in zahlreichen Konzerten als Pianistin auf, stellte Komponisten und deren Werke vor – und brachte erste eigene Kompositionen zur Aufführung.

Im Sommer 1914 kehrte die Familie nach Deutschland zurück, um der Hochzeit von Alberts Bruder beizuwohnen, als der Erste Weltkrieg ausbrach, so dass die Familie in Deutschland festsaß. Albert wurde einberufen und diente bis 1918 als Soldat; 1920 verstarb er an der Spanischen Grippe.

Maria, allein mit vier Kindern, blieb in Deutschland. Sie nahm ihre musikalischen Studien wieder auf und komponierte. Zu Ehren ihres verstorbenen Gatten, aber wohl auch aus praktischen Gründen, denn Komponistinnen wurden in dieser Zeit noch kaum ernst genommen, signierte sie ihre Kompositionen fortan mit dem Künstlernamen Albert Maria Herz. Sie erlebte in den 20er-Jahren eine musikalisch-blühende Zeit mit zahlreichen Aufführungen ihrer Werke, von denen das op. 8, die "Vier kurzen Orchesterstücke für großes Orchester", die 1928 in Köln vom Gürzenich Orchester unter der Leitung von Hermann Abendroth uraufgeführt wurden, vielleicht ihre bedeutendste Komposition war. Ihr später komponiertes op. 13, die "Suite for Orchestra", ist kleiner besetzt und erinnert an barocke Orchestersuiten. Wir konnten bislang keine Aufführung nachweisen – möglicherweise erleben Sie gerade eine Uraufführung!

Die Zeit von 1920 bis 1934 war die fruchtbarste Schaffensperiode von Maria Herz, in der ein beachtliches kompositorisches Œuvre entstand. Ihre Werkliste enthält zahlreiche Lieder für Singstimme und Klavier (einige Zyklen wurden orchestriert), Kammermusik, Solokonzerte für Klavier und Violoncello sowie Chor- und Orchesterwerke, die eine eigene, authentische Sprache sprechen. Stilistisch bewegen sie sich zwischen Spätromantik und früher Moderne.

1934 floh sie, um der Verfolgung durch die Nazis zu entgehen, nach England. Sie verfasste Vorträge über Komponisten verschiedener Länder und Perioden, komponierte aber leider nie wieder. Nach Kriegsende wanderte sie mit ihrem Sohn Robert zu ihren Töchtern in die USA aus, wo sie im Jahre 1950 nach kurzer schwerer Krankheit in New York verstarb.


Gedruckt wurden zu ihren Lebzeiten nur fünf Lieder (1910) und ihre Bearbeitung der Bach’schen Chaconne für Streichquartett (1927); ihre übrigen Kompositionen sind aber als Manuskript erhalten. Der Nachlass befindet sich seit Oktober 2015 in den Nachlasssammlungen der Musikabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Das Notenmaterial, aus dem wir heute spielen, wurde neu gesetzt und – nach kritisch-lektorierender Durchsicht unserer Dirigentin(!) – bei Boosey & Hawkes verlegt.