Ludwig van Beethoven


Ludwig van Beethoven

getauft 17. Dezember 1770 in Bonn, Kurköln

† 26. März 1827 in Wien

Joseph Karl Stieler

Ludwig van Beethoven. Idealportrait. Um 1820

Öl auf Leinwand, 62 x 50 cm

Bonn, Beethoven-Haus



Ouvertüre zu »Egmont«


Ludwig van Beethoven

1770–1827

 Ouvertüre zu Goethes Trauerspiel »Egmont«

op. 84 [1809]

 

 

8. 2. 2015  Programm Nr. 28


Die Schauspielmusik zu Goethes

Trauerspiel »Egmont«, opus 84, ist ein Orchesterwerk von Ludwig van Beethoven, dessen erster Teil, die Ouvertüre, besonders bekannt wurde.

Im Herbst 1809 trat der Direktor des Wiener Burgtheaters Joseph Hartl mit der Bitte an Beethoven heran, eine komplette Schauspielmusik zu Goethes fünfaktigem Trauerspiel »Egmont« zu komponieren, das erstmals 1778 im Burgtheater aufgeführt worden war. Schon am 15. Juni 1810 wurde das Stück mit Beethovens Musik uraufgeführt. 

Beethoven verehrte den Dichter Goethe. Und das Egmont-Sujet – das unbeugsame Beharren des flämischen Grafen Egmont gegenüber der Übermacht der spanischen Besatzungsmacht – dürfte ihm gefallen haben, insbesondere wenn man die aktuelle politische Lage berücksichtigt: Napoleons Armee hatte große Teile Europas erobert.

Kernpunkt wurden die vier Zwischenaktmusiken, in denen die Vertonung auf das zurückliegende Geschehen Bezug nahm und auf den Inhalt des nächsten Aktes einstimmte. Klärchen hatte Beethoven in sein Herz geschlossen; ihr schenkte er zwei Lieder, deren Vortrag die Patriotin sich hingebungsvoll zu widmen hatte. Im pompösen Finale wird die Freiheit der Niederlande vom spanischen Joch in Aussicht gestellt. Insgesamt neun Musiknummern begleiten den freiheitsliebenden Grafen Egmont bis zu seiner Hinrichtung:

 

Ouvertüre Sostenuto, ma non troppo – Allegro

1. Lied Die Trommel gerühret

2. Zwischenakt I Andante

3. Zwischenakt II Larghetto

4. Lied Freudvoll und liedvoll, gedankenvoll sein

5. Zwischenakt III Allegro

6. Zwischenakt IV Poco sostenuto e risoluto

7. Musik, Klärchens Tod bezeichnend Larghetto

8. Melodram Poco sostenuto

9. Siegessymphonie Allegro con brio 

| mk | mz

Die Ouvertüre zu »Egmont« schrieb Beethoven im Jahr 1809, aus Anlass einer Wiederaufnahme des gleichnamigen, erstmals 1778 aufgeführten Trauerspiels von Goethe im Burgtheater Wien.

Schon seit langem war Beethoven ein großer Bewunderer des berühmten Dichters. Zum Zeitpunkt der Komposition saß Beethoven in Wien buchstäblich fest, denn die Franzosen hielten die Stadt besetzt. 

 

Insbesondere das Egmont-Sujet – das unbeugsame Beharren des niederländischen Grafen Egmont gegenüber der Übermacht der spanischen Besatzungsmacht – dürfte Beethoven mit seinen ausgeprägten politischen und humanistischen Idealen gefallen haben. Während das Trauerspiel ein differenzierteres Bild des Hauptcharakters Egmont zeichnet, stehen für Beethoven wohl eher die Sehnsucht nach Freiheit im Vordergrund, die Tragödie der Hinrichtung und die Verehrung Egmonts als Helden und Vorbild des niederländischen Widerstands gegen die spanischen Besatzer.

 

Ob die Musik der Ouvertüre tatsächlich eine verkürzte Fassung des Schauspiels widerspiegelt, darüber streiten die Gelehrten.

 

Eine mögliche Deutung: 

Beethoven beginnt mit gewaltigen Akkorden, im Kontrast dazu stehen die lyrischen Motive der Holzbläser und Streicher. Melancholische und hinreißende Freiheitsmotive durchziehen das Stück und versinnbildlichen Egmonts schicksalshaften Freiheitskampf gegen die Spanier. Im Finale dann Gefangennahme, Folter und Tod des Grafen, gefolgt von einer Coda mit stürmisch-jubelndem Siegesmotiv – ein Ausblick auf den zukünftigen Sieg der Niederländer über ihre Besatzer. | vt | is 

Johann Wolfgang von Goethe

Egmont.

Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

 

Die Anfänge der Arbeit an diesem Werk liegen noch in Goethes letzter Frankfurter Zeit; 1778 in Weimar nahm er es wieder vor, und dann in jedem der folgenden Jahre; der »fatale vierte Akt«, dieser Alba, stand ihm lange im Weg. 1782 will er nur noch »das Allzuaufgeknöpfte, Studentenhafter der Manier« tilgen. Aber erst fünf Jahre später, während des Sommers in Rom, wurde das Trauerspiel beendet und erschien dann zum Frühjahr 1788 im fünften Bande der »Schriften«. […]

 

»Egmont« ist das idealistische, heroische Drama Goethes: so stark auch die Dämonen einwirken, regiert doch eine höhere Gerechtigkeit; anders als an den düstern oder stillen Schlüssen der »Schauspiele« – des »Götz«, der »Iphigenie«, des »Tasso« –, flammt hier, am Ende des Trauerspiels, das Leben herrlich auf, um weithin vorzuleuchten. Es ist ein politisches Stück: mit dem Volk, gegen die Macht. Und wie er den Mann zeigt, in der vollen Kraft – der das Leben zu sehr geliebt hat, als daß er nicht es zu retten suchte, und der dann doch den Tod, als diesem Leben zugehörig, mit freudigem Ja umfängt –, ist er ein männliches, ein Manneswerk. 

 

| hans j. weitz, Kommentar in: Goethe Werke in sechs Bänden, Bd. II Dramen, Novellen. Frankfurt am Main, 1965

© wissenmedia
© wissenmedia

Lamoral Graf von Egmond, 

Fürst von Gavere (Hennegau 1522–1568 Brüssel) entstammt einer alten niederländischen Adelsfamilie, die seit dem 11. Jahrhundert die Schirmvogtei über die Benediktinerabtei Egmond bei Alkmaar in Nordholland besaß. 

 

Im spanisch-französischen Krieg 1556–59 beeindruckte er den spanischen König Philipp II. durch seine militärischen Leistungen, der ihn daraufhin zum Statthalter von Flandern und Artois machte. Egmond schloss sich trotzdem jener Gruppe von niederländischen Adligen an, die – in Opposition zur straffen katholisch geprägten Zentralregierung Spaniens – zu religiöser Toleranz aufriefen. Der Autorität des Königs vermochte Egmond als deren Sprecher aber nicht standzuhalten: Er knickte ein und begann, auf grausame Weise die flandrischen Protestanten zu verfolgen. Egmonds frühere Gegnerschaft hatte Philipp freilich nicht vergessen: 1567 wurden Graf Egmond und Graf Hoorn vor den sogenannten Blutrat des Herzogs von Alba gestellt und 1568 auf dem Großen Markt in Brüssel als Hochverräter und Rebellen enthauptet.

 

Egmonds Schicksal ist Gegenstand des klassischen Trauerspiels »Egmont« von Johann Wolfgang von Goethe, wobei der Charakter der von Goethe geschilderten Figur vom historischen Egmond abweicht. | mz



Ballett »Die Geschöpfe des Prometheus«


 Ludwig van Beethoven

1770–1828

 »Die Geschöpfe des Prometheus«

Heroisch-allegorisches Ballett mit Introduktion

in zwei Akten

op. 43 [1801]

 

daraus:

Introduktion: Allegro non troppo

No. 1 Poco adagio – Allegro con brio

No. 3 Allegro vivace

No. 5 Adagio – Andante quasi Allegretto

No. 9 Adagio – Allegro molto

No. 10 Pastorale: Allegro

No. 16 Finale: Allegretto – Allegro molto – Presto 

 

 

Ballettsuite 4. 7. 2009  Programm Nr. 16 

Prometheus-Ouvertüre siehe weiter unten


Die Geschöpfe des Prometheus.

Die Introduktion schildert den zornigen Zeus, der als heftiger Gewittersturm tobt. Wir sehen Prometheus aus dem Wald kommen. Er eilt zu zwei von ihm geschaffenen Tonstatuen, eine männliche und eine weibliche Figur, die er mit der himmlischen Flamme zum Leben erwecken will. In Nr. 1 werden die ersten Gehversuche dieser Geschöpfe geschildert, unterbrochen von Prometheus’ erfolglosen Versuchen, in ihnen menschliche Gefühle zu erwecken. Um dies zu erreichen, führt er sie zum Parnass, dem Wohnsitz Apollons und der Musen. In den nun folgenden Szenen, von denen wir nur die Nrn. 3 und 5 spielen, wird geschildert, wie die Geschöpfe Unterweisung in den Künsten und Wissenschaften erhalten und dadurch Vernunft und Erkenntnisfähigkeit entwickeln. Sie erkennen Prometheus als ihren Schöpfer und bezeugen ihm Dankbarkeit und Liebe.

In der Nr. 9 erscheint Melpomene, die Muse des Trauerspiels und überrascht die Menschengeschöpfe mit einer tragischen Szene: sie stürzt sich mit dem Dolch auf Prometheus und gibt vor, ihn zu töten. Tief erschrocken werfen sich die Menschen auf ihren scheintoten Schöpfer und klagen. Pan erscheint, um die Trauer mit einer Pastorale (Nr. 10) zu lindern.

In den folgenden, in unserem Konzert nicht erklingenden Nummern erscheinen Bacchus und später Thalia, die Muse des Lustspiels, welche den Menschen Masken vorhält zum Zeichen, dass die Ermordung des Prometheus nur ein lehrreiches Spiel war. 

Pan in Gesellschaft seiner Faune holt Prometheus zurück ins Leben. Die beiden Geschöpfe entdecken nun ihre Liebe zueinander.

Das Finale Nr. 16 schildert die ausgelassene Freude aller Anwesenden über die Hochzeit des ersten Menschenpaares.  | T. M.

 

Prometheus, in der griech. Sage der »vorher bedenkende« Sohn des Titanen Iapetos und der Klymene, Bruder von Atlas, Epimetheus und Menoitios, erschuf nach einem Teil der Überlieferung die Menschen aus Lehm, betrog Zeus im Interesse der Menschen beim Opfer. Zeus durchschaute den Betrug und enthielt deshalb den Menschen das Feuer vor. P. stahl es vom Himmel und brachte es den Menschen, ermöglichte damit Handwerk und Künste. Dafür schickte Zeus zur Strafe Pandora zu den Menschen. P. wurde an den Kaukasus angeschmiedet, wo ihm ein Adler am Tage die nachts ständig nachwachsende Leber abfraß, bis schließlich Herakles den Adler mit Zeus’ Willen tötete. 

In den »Theogonia« Hesiods erscheint P. als trotziger Frevler gegen Zeus, während Aischylos ihn als Schöpfer und Wohltäter der Menschen, der sich gegen Zeus auflehnt, gestaltete. In Athen wurde P. bes. von den Töpfern verehrt; ihm zu Ehren fanden an den Prometheïa Fackelläufe statt. 

Tat und Schicksal des P. wurden im Mittelalter nicht beachtet; von der Renaissance ab wurde in der Literatur der P.stoff unter verschiedenen Aspekten künstlerisch gestaltet. P. wurde zum Symbol des menschlichen Fortschritts, der schöpferischen Kräfte im Menschen, der Feuerraub symbolisierte den Glauben an Wissenschaft und Zukunft (Drama von Calderón, Aufklärung). Das Schicksal des P. gab Anlaß zu Kritik an Zeus, zur Ablehnung der Götter und der Religion (Voltaire »Pandore«, Karl Marx). P. wurde zum Inbegriff des trotzig, kühn und selbstbewußt gegen Zeus’ Herrschaft aufbegehrenden Kämpfers und Rebellen und hilfreichen Freundes und Wohltäters der Menschen, zum Typ des Revolutionärs, der gegen die bestehende Macht und für eine bessere Zukunft aufsteht (A. W. Schlegel; P. B. Shelley, »Der entfesselte P.«; H. Müller). In manchen Werken wurde P. zum Übermenschen im Sinne Nietzsches (Epos von K. Spitteler), andere betonten das Dulden und Ausharren des P. als symbolisch für das Menschenschicksal (Herder, Byron). P. galt auch als Symbol des Künstlers und des gottgleichen schöpferischen Tuns (Gedicht Goethes). In Antike und Neuzeit griffen auch die bildende Kunst und die Malerei (antike Vasen und Sarkophage; Plastik von G. Marcks; Gemälde von Tizian, Rubens, Böcklin, Kokoschka) sowie die Musik zum P.stoff (Die Geschöpfe des P. von Beethoven, Symphon. Dichtung von Liszt, Oper von C. Orff). | Ilse Becher im LdA

Tanzmusik hat für Beethoven zeit seines Lebens eine besondere Bedeutung gehabt. Bereits als Zwanzigjähriger hatte er in Bonn »Das Ritterballett« komponiert, einen Karnevalsscherz, mit dem der Hof des Kölner Kurfürsten der Mode des »Altdeutschen« huldigte. Die Anregung, eine Ballettmusik für das Hoftheater nächst der Burg in Wien zu komponieren, ist wohl dem Einfluss der Kaiserin zu verdanken, der Beethoven bereits sein Septett gewidmet hatte. Das Libretto zu »Die Geschöpfe des Prometheus« oder »Die Macht der Musik und des Tanzes« stammt von dem italienischen Tänzer, Musiker und Maler Salvatore Viganò, der auch die Choreographie besorgte. Viganò hatte mit dieser Choreographie die umwälzenden Ideen des Ballettreformers Jean-Georges Noverre aufgegriffen und somit die Renaissance des dramatischen, aussagestarken Balletts eingeleitet. Der Grundsatz Viganòs war der seines Lehrmeisters Dauberval: „Mir genügt es nicht, das Herz zu ergötzen, ich will das Herz rühren.“

 

Auch Beethoven nahm sich seine Arbeit sehr zu Herzen. Sechzig Seiten Skizzen zur Ouvertüre und den nachfolgenden sechzehn Nummern zeugen von der Mühe, die er sich machte.

»Die Geschöpfe des Prometheus« wurden am 28. März 1801 im Burgtheater uraufgeführt. Haydn äußerte sich sehr zustimmend darüber. Beethoven selbst war mit seinem Werk weniger zufrieden. Viganò bearbeitete 1813 das Sujet nochmals für Mailand und bereicherte es mit spanischen Effekten. Sein Wiener Libretto indes gilt als verschollen. | T. M.

 

Salvatore Viganò,
The New York Public Library

Salvatore Viganò

* 25. März 1769 in Neapel

† 10. August 1821 in Mailand

erbte seine Berufe Choreograph, Komponist und Tänzer von seinem Vater Onorato Viganò, wie auch seiner  Mutter, der Ballerina Maria Boccherini. Er studierte Komposition unter Luigi Boccherini, seinem Onkel, und Tanz unter Jean Dauberval. – Sein Debüt als Tänzer hatte er 1783 in einer Frauenrolle. Er trat in Rom (1786), Venedig (1788), und Spanien (1789) auf, letzteres anlässlich der Krönung Karls IV. In Spanien lernte er Jean Dauberval kennen und ging mit ihm nach Bordeaux und London (1791). 1789 heiratete er die Tänzerin Maria Medina. Die Ehe dauerte zehn Jahre. 

 

Seine erste Ballettchoreografie war Raoul Signor de Crequi 1791 in Venedig, für das er die Musik selbst komponierte. Wahrscheinlich 1811 wurde er Ballettdirektor der Mailänder Scala. Von 1793 bis 1795 und noch mal 1799 bis 1803 wirkte er in Wien. Seit Gli strelizzi 1809 war er bekannt dafür, Pantomime nahtlos in seine Ballette einzufügen (er nannte dies coreodramma). Hier zeigt sich der Einfluss Jean-Georges Noverres, Lehrer Daubervals, der einen Wechsel von Pantomime und Tanz einführte. Sein Interesse galt auch der Malerei, was sich in aufwändigen Kostümen und Arrangements widerspiegelte. Seine Themen waren historischer und mythologischer Natur; oft griff er auch Stoffe Shakespeares auf. Die Musik für Die Geschöpfe des Prometheus schrieb Ludwig van Beethoven eigens für Viganò.


Reinhold Begas, Prometheus, Alte Nationalgalerie, Berlin
Photo © Michael Zachow

Reinhold Begas 1831–1911

Der gefesselte Prometheus. 1900

Marmor

Berlin, Sammlung der Akademie der Künste, Leihgabe an die Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

Quellen:

– Einführung zitiert nach Teresa Pieschacón Raphael, 1997:

NAXOS 8.553404;

– Reclams Ballettführer, Stuttgart 1956

– Viganó: Wikipedia

– Prometheus: Ilse Becher, im Lexikon der Antike, Leipzig 1990



Ouvertüre zu »Coriolan«


Ludwig van Beethoven

1770–1827

 Ouvertüre zu H. J. Collins Trauerspiel »Coriolan«

opus 62

 

 

17. 2. 2007  Konzert Nr. 11


Der römische Feldherr

 Gnaeus Marcius (* vor 505 v. Chr., † um 488 v. Chr.) erhielt seinen Beinamen Coriolanus

schreibt Plutarch – durch seine außergewöhnliche Tapferkeit im Kampf um die volskische Stadt Corioli. Der stolze Patrizier und Kriegsmann lehnte die zu dieser Zeit in der jungen Römischen Republik neu geschaffenen Ämter der Plebejer, die Volkstribunen, ab. Er plädierte vehement für deren Abschaffung, nachdem er die Wahl zum römischen Konsul verloren hatte. Auf die Anklage wegen Umsturzes der Verfassung folgte Coriolans Verurteilung zum Tode, die jedoch in ewige Landesverweisung abgemildert wurde. Coriolan schloss sich daraufhin Roms ärgsten Feinden, den Volskern, an und stand nach siegreichen Kämpfen schließlich vor seiner Heimatstadt. Durch die lange Belagerung zermürbt, bot der römische Senat Coriolan endlich Friedensverhandlungen an – vergeblich. Nur seiner Mutter konnte Coriolan die Bitte nach der Beilegung des Konflikts nicht abschlagen – sie hatte mit Selbstmord gedroht – und zog mit dem volskischen Heer ab. Folgenreich: Die Volsker warfen ihm auf einer Versammlung in Antium Verrat vor und ermordeten ihn an Ort und Stelle.  –

 

Lange Zeit für bare Münze gehalten, werden die Urtexte, in denen Coriolan in einer Reihe mit heute historisch verbürgten Personen steht, seit dem 19. Jahrhundert zunehmend angezweifelt.

 

Übrig geblieben ist Coriolan als Sagengestalt, als Fälschung von Familiengeschichte. Dennoch: Der Stoff – historisch verbürgt oder fiktiv – bot eine Vorlage für eine Vielzahl von englischen, französischen, deutschen, spanischen und italienischen Dramen. Die bekannteste Bearbeitung der Legende ist Shakespeares spätes Stück

The Tragedie of Coriolanus. | R. H.


 

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Coriolan – Eau de Toilette für Männer,

kreiert von Jean-Paul Guerlain.

 

Das Parfum wurde 1998 eingeführt. Der Name der Komposition geht auf den bekannten römischen Feldherrn zurück. Dieser durch Shakespeares Tragödie berühmt gewordene Charakter faszinierte Jean-Paul Guerlain so sehr, dass er sich entschloss einen idealen Duft für den modernen Coriolan zu erfinden – für den Mann, der für seine Ideen, Werte, Ehre, Freiheit und seine Geliebte kämpft.

Deshalb ist dieser Duft wie geschaffen für diejenigen, die sich nicht scheuen zu dominieren, die stark und selbstbewusst, jedoch zugleich elegant und tolerant sind.

 

Fragrance notes:

top note – lemon tree leaves, bergamot, sage, basil, blossom orange;

middle note – coriander, cyprus, juniper, ginger, pepper, ylang-ylang;

base note – patchuoli, vetiver.

 

(Photomodell auf dem Plakat: Fabio Girhardelli)

 

Das Parfum ist nicht mehr im Handel und wird in der Firmengeschichte des Internetauftritts von Guerlain verschwiegen.

Die weniger martialische Figur auf unserem Plakat und dem Programmhefttitel (Nr. 11) ist eine Bronzeplastik aus dem Jahre 1903 von 

Wilhelm Wandschneider (1866 - 1942),

die er »Coriolan« nannte. 1904 mit einer Goldmedaille auf der Weltausstellung ausgezeichnet, wurde sie 1906 auf der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt und steht heute im Ortsteil Seelust der Stadt Plau am See in Mecklenburg-Vorpommern, Wandschneiders Geburts- und Sterbeort.

 

Sein Bronzedenkmal für Werner von Siemens steht weitgehend unbeachtet vor dem Institut für Mathematik der TU an der Straße des 17. Juni in Berlin. | M. Z.



Erste Sinfonie


Ludwig van Beethoven

1770–1827

 Sinfonie Nr. 1 C-Dur

opus 21

[1799–1800]

 

I     Adagio molto – Allegro con brio

II     Andante cantabile con moto

III     Menuetto: Allegro molto e vivace

IV     Adagio – Allegro molto e vivace

 

 

 11./12. 12. 2004 ► Konzert Nr. 7

unter der Leitung Th. Robert Grünberg

 

Wiederaufnahme 16.1. 2011  Konzert Nr. 19

unter der Leitung von Christiane Silber


Ludwig van Beethoven: der „größte Musiker aller Äonen“ (Grillparzer), der „größte Freigeist in der Geistesgeschichte des Abendlandes“ (Schumann) begann erst relativ spät – im Alter von 29 Jahren – mit der Komposition seiner ersten Symphonie (obwohl frühere Skizzenbücher erhalten sind). Zuvor hatte er hauptsächlich Trios und Sonaten veröffentlicht.

    

Die 1. Symphonie in C-Dur, op. 21 (1799 geschrieben) wurde im April 1800 in einer vom Komponisten selbst veranstalteten »Musikalischen Akademie« im k. k. National-Hoftheater nächst der Burg in Wien uraufgeführt. Im selben Frühjahr hatte Beethoven auch schon sein 1. Konzert in C-Dur für Pianoforte mit Orchester im Kärntnerthor-Theater eigenhändig vorgetragen. Über die Symphonie schrieb die »Allgemeine Musikalische Zeitung« in ihrer Kritik:

 

„Viel Kunst, Neuheit und Reichthum an Ideen; nur waren die Blasinstrumente gar zu viel angewendet…“

 

Sie ist dem Baron Gottfried van Swieten gewidmet, der schon mit Mozart und Haydn befreundet gewesen war und der nun Beethoven den Zugang zu Wiens aristokratischen Kreisen erleichterte, in denen der Dreißigjährige, eher als Klaviervirtuose bekannt, begeistert aufgenommen und gefördert wurde.

C. M. von Weber nannte Beethovens erste Symphonie eine „feurig-strömende“ und sie ist wohl zu Unrecht von einigen Kritikern als eine „Copie im Mozart’schen Stil und im Allgemeinen für unbedeutend“ erklärt worden. Beethoven ist in seiner ersten Symphonie „doch schon als ein Eig[e]ner zu erkennen“, wie zum Beispiel mit dem unerhörten „dissonirenden [Septimen-]Accord” zu Beginn der langsamen Introduktion, der von den Hütern der alten Hausordnung der Tonsetzkunst wohl ähnlich als „keck hingeschleuderter Fehdehandschuh“ wahrgenommen wurde wie der gleichfalls am Anfang der Prometheus-Ouvertüre (1801) erklingende scharfe Sekund-Akkord.

| T. Robert Grünberg im Programmheft Nr. 7

Schicksalsumtost: Beethoven wird nicht nur in eine politisch und gesellschaftlich stürmische Zeit geboren, in der hohe Ideale und die heftigsten Leidenschaften zu barem Ausdruck gelangen; auch sein persönliches Fatum trägt diese Züge. Doch da ist die Musik Hort der Widerstandskraft, der Resilienz, wie man heute wohl sagen würde.

 

Beethovens Mutter, nach erster Ehe 18-jährig bereits Witwe, erleidet in zweiter Ehe zwei Totgeburten, bevor Ludwig zur Welt kommt. Der alkoholkranke Vater misshandelt den Sohn, will aus ihm ein musikalisches Wunderkind nach dem Bilde Mozarts machen und reißt ihn mitten in der Nacht aus dem Schlaf, damit er Freunden auf dem Klavier vorspiele. Aber die Verbindungen des Vaters zu Musikerkollegen am Bonner Hof bieten bereits dem Kind das Karriere-Sprungbrett; Gönner ermöglichen die Reise nach Wien – wo Mozart leider gerade verhindert ist. Im gleichen Jahr stirbt die geliebte Mutter des begabten, aufstrebenden 17-jährigen Beethoven. Haydn und Salieri werden an Stelle des bald verstorbenen Mozart seine Lehrer, und kaum Mitte zwanzig, brilliert der von der französischen Revolution begeisterte Beethoven schon mit neuartiger Kammermusik, als Klaviervirtuose und Meister der Improvisation. 

 

Er ist, obwohl wenig ansehnlich, von Freunden und Verehrern umgeben, allein keine seiner Frauenfreundschaften mündet in eine Ehe. Er lernt die Prominenz seiner Zeit kennen und erklärt dem preußischen König im vollen Bewusstsein seines musikalischen Genies: »Auch ich bin ein König«. Binnen weniger Jahre wird er zu einem der berühmtesten Musiker Europas werden, da kündigt sich das Gehörleiden an. 1801 schreibt Beethoven an einen Jugendfreund: 

 

»[...] nur meine Ohren, die sausen und brausen Tag und Nacht fort. Ich kann sagen, ich bringe mein Leben elend zu; seit zwei Jahren fast meide ich alle Gesellschaften, weil’s mir nun nicht möglich ist, den Leuten zu sagen: ich bin taub.« 

 

Die Konzerte, die er später wegen seiner Gehörlosigkeit nicht mehr dirigieren kann, werden ihn finanziell so begütern, dass er als der erste freischaffende Komponist gilt, dem es gelingt, von seiner Musik zu leben. Während der Chor des Kärntnertortheaters in Wien das erste Mal »Freude, schöner Götterfunken« in die Welt hinaus schmettert, zeichnet sich ab, dass Beethoven privat versagt hat: Der ihm zur Erziehung anvertraute Neffe Karl leidet an den moralisch überfrachtenden Ansprüchen des Onkels; 1826 wird er einen Selbstmordversuch begehen. Beethoven selbst verstirbt ein Jahr darauf. Aktuell vermutet die Forschung eine über Jahre bestehende Bleivergiftung.

 

Die heute Abend gespielte 1. Sinfonie beendete Beethoven erst im Alter von 30 Jahren. Gewidmet ist sie Baron Gottfried van Swieten, der Beethoven den Zugang zu Wiens aristokratischen Kreisen erleichterte. Die Berlinische Musikalische Zeitung urteilte über den ungewöhnlichen Beginn mit drei – als disharmonisch, offen empfundenen – Septakkorden: 

»Dergleichen Freiheiten und Eigenheiten wird niemand an einem genialischen Künstler wie Beethoven tadeln, aber ein solcher Anfang passt nicht zur Eröffnung eines großen Konzerts ...«  

Ob und wem es passte oder nicht: Mit dem Monumentalen der Empfindungen, übertragen in musikalisch klassische Architektur, offeriert der Komponist so etwas wie ein Psychogramm seiner dynamischen Zeit.

| Elisabeth Grün im Programmheft Nr. 19

 

Quellen:

– Karl H. Wörner: Geschichte der Musik, Göttingen o. J.

– Wikipedia



Prometheus-Ouvertüre


Ludwig van Beethoven

1770–1827

 Ouvertüre zu dem Ballett

»Die Geschöpfe des Prometheus«

opus 43

 

 

5. 7. 2003  ► »Klassik im Salon 4«

25. 10. 2003   Alten Feuerwache 


Ludwig van Beethoven

Ouvertüre zu dem Ballett

»Die Geschöpfe des Prometheus«

 

Prometheus, der „Vorausdenkende“, formt seine Geschöpfe, den Menschen, aus Erde. In dieser Erde ist Gutes wie Böses vereint, da sie Asche böser und hässlicher Titanen sowie Liebe, Glanz und Schönheit des Zeus-Sohnes Zagreus enthält. Prometheus schafft den Menschen gegen den ausdrücklichen Willen des Zeus. Er ist eigentlich das Urbild des Rebellen, wie es nur Goethe in seinem wunderbaren Gedicht würdigte. Prometheus kann seine Geschöpfe zwar beleben, aber es ist ihm unmöglich, ihre Liebe zu erlangen. Sie sind gefühllos, bis sie durch die Berührung mit den Musen – Pallas Athene haucht ihnen ihren Atem ein – beseelt und liebend werden.

 

Musik für die Bühne übte auf Beethoven große Anziehungskraft aus, wie zahlreiche Schauspiel- und Ballettmusiken belegen. Die musikalische Auseinandersetzung mit den jeweiligen Stoffen vollzieht sich in der Ouvertüre. Für Salvatore Viganòs Ballett »Die Geschöpfe des Prometheus« schrieb Beethoven 1801 seine früheste Ouvertüre. Es ist keine tänzerische Musik im strengen Sinne, eher eine „absolute“. Dieses relativ frühe Werk von Beethoven wirkte stark in sein späteres Schaffen hinein, er kam immer wieder darauf zurück – Nikolaus Harnoncourt bezeichnete es sogar als Beethovens „künstlerisches Glaubensbekenntnis“.  | V. W.

 

Maurice Heerdink *1955 Prometheus. 2002. Acryl 80 x 100 cm
Maurice Heerdink *1955 Prometheus. 2002. Acryl 80 x 100 cm

Johann Wolfgang von Goethe

Prometheus

 

Bedecke deinen Himmel, Zeus,

Mit Wolkendunst

Und übe, dem Knaben gleich,

Der Disteln köpft,

An Eichen dich und Bergeshöhn!

Musst mir meine Erde

Doch lassen stehn,

Und meine Hütte, die du nicht gebaut,

Und meinen Herd,

Um dessen Glut 

Du mich beneidest.

 

Ich kenne nichts Ärmeres

Unter der Sonn als euch, Götter!

Ihr nähret kümmerlich 

Von Opfersteuern

Und Gebetshauch

Eure Majestät

Und darbtet, wären

Nicht Kinder und Bettler

Hoffnungsvolle Toren.

 

Da ich ein Kind war,

Nicht wusste, wo aus noch ein, 

Kehrt ich mein verirrtes Auge

Zur Sonne, als wenn drüber wär

Ein Ohr, zu hören meine Klage,

Ein Herz wie meins,

Sich des Bedrängten zu erbarmen.

 

Wer half mir

Wider der Titanen Übermut?

Wer rettete vom Tode mich,

Von Sklaverei?

Hast du nicht alles selbst vollendet,

Heilig glühend Herz?

Und glühtest, jung und gut,

Betrogen, Rettungsdank

Dem Schlafenden da droben?

 

Ich dich ehren? Wofür?

Hast du die Schmerzen gelindert

Je des Beladenen?

Hast du die Tränen gestillet

Je des Geängsteten?

Hat nicht mich zum Manne geschmiedet

Die allmächtige Zeit

Und das ewige Schicksal,

Meine Herrn und deine?

 

Wähntest du etwa,

Ich sollte das Leben hassen,

In Wüsten fliehen,

Weil nicht alle 

Knabenmorgenblütenträume reiften?

 

Hier sitz ich, forme Menschen

Nach meinem Bilde,

Ein Geschlecht, das mir gleich sei,

Zu leiden, zu weinen,

Zu genießen und zu freuen sich, 

Und dein nicht zu achten,

Wie ich!



Romanze F-Dur


Ludwig van Beethoven

1770–1827

 Romanze für Violine

mit Begleitung des Orchesters

F-Dur op. 50

 

 

1. 12. 2002  ► »Klassik im Salon 3« 

9. 11. 2002    Braunschweig

Dietmar Schaffer, Violine

Es ist denkbar, dass eine der beiden berühmten Violinromanzen von Beethoven ursprünglich als langsamer Satz von seinem frühem unvollständigen Violinkonzert C-Dur gedacht waren. Sie sind in der Instrumentierung gleich und auch tonartlich dem Konzertfragment eng verwandt. Auch stilistisch ist gerade die F-Dur Romanze dem C-Dur Konzert verschwistert, vor allem hinsichtlich ihrer Vorliebe für sinnliche, hoch angesetzte Stimmführung beim Solopart, die in ihrer strahlenden Ausgereiftheit ihre endgültige Erfüllung findet.

 

Neben Beethovens berühmten D-Dur Violinkonzert bilden seine Romanzen für Violine und Orchester einen unentbehrlichen Meilenstein in der Sololiteratur für Geige.  | D. Sch.



Contretänze


Ludwig van Beethoven
1770–1827

Contretänze für Orchester

WoO 14

 

 

1. 12. 2001 ► »Klassik im Salon [1]«