Emilie Luise Friederika Mayer
* 14. Mai 1812 in Friedland, Mecklenburg
† 10. April 1883 in Berlin
Emilie Mayer
1812–1883
Symphonie Nr. 5 f-Moll
[1862]
daraus:
II. Adagio
III. Scherzo: Allegro vivace
Emilie Mayers Partitur fordert vier Hörner, während der concentus alius nur zwei besetzen kann. Aus diesem Grund spielen wir das Adagio und Scherzo mit einem entsprechend umgeschriebenen Bläsersatz. | T. F.
17./18. 1. 2009 ► Programm Nr. 15
Die Männerdominanz war nicht spezifisch für das Metier des Komponierens im 19. Jahrhundert, sondern resultierte aus einer allgemeinen Auffassung über das Betätigungsfeld von Frauen. Denn die Vorstellung, dass eine bürgerliche Frau überhaupt einem Beruf nachzugehen habe, war kaum weit verbreitet. Nur wenn eine Frau unverheiratet blieb, musste sie sehen, wo sie ein Auskommen fand.
Auch bei Emilie Mayer (1812–1883) sah das zunächst nicht sehr viel anders aus. Da sie nicht geheiratet hatte, blieb sie im väterlichen Hause im mecklenburgischen Friedland, um den Haushalt zu führen (die Mutter war bereits 1814 gestorben, die Geschwister hatten eigene Familien gegründet). Ein tragisches Familienereignis aber brachte die Wende, denn 1840 beging der Vater Selbstmord. Emilie Mayer sah sich nicht nur plötzlich auf sich allein gestellt, sondern auch im Besitz eines größeren Erbes, das ihr fortan finanzielle Unabhängigkeit gewährte. Mayer nutzte die so gewonnene Freiheit, um sich ganz der Kunst zu widmen: und zwar sowohl der Komposition als auch der Bildhauerei.
In den Jahren 1841 bis 1846 studierte sie Komposition bei Carl Loewe (heute noch durch einige Balladen bekannt) in Stettin und ab 1847 bei Adolf Bernhard Marx, dem damals geachtetsten Kompositionslehrer in Berlin, einem glühenden Verehrer der Musik Beethovens. 1850 trat sie erstmals mit eigenen musikalischen Werken an die Öffentlichkeit. Dass Mayer dabei große Ziele verfolgte, zeigt sich unter anderem darin, dass sie das Lied oder das lyrische Klavierstück weitgehend mied und stattdessen die großen repräsentativen »männlichen« Gattungen Symphonie und Sonate pflegte: Es entstanden mehrere Klaviertrios, Streichquartette, Violin- und Cellosonaten, insbesondere aber insgesamt sechs oder acht Symphonien – die Quellenlage ist äußerst dürftig – und mindestens 15 Konzert-Ouvertüren – nur im Manuskript vorhanden und kaum erforscht.
Wann Mayers Fünfte (Symphonie f-Moll) entstand oder uraufgeführt wurde, ist unsicher; eine Aufführung in Stargard im Mai 1878 ist wohl belegt. Als einzelner Satz (ein Usus, den der concentus alius heute Abend wieder aufleben lässt) ist das Adagio in Stettin mehrmals gegeben worden.
Sich als Frau mit einer fünften Symphonie mit der „männlichsten aller Symphonien des männlichsten aller Komponisten“ (eben Beethoven) zur damaligen Zeit messen zu wollen, ist als Wagnis nicht zu unterschätzen. Mayer imitiert aber keineswegs, sondern findet sehr eigenwillige Formen, die in parallelen Passagen nie wörtlich wiederholt, sondern reich abgewandelt und weiterentwickelt werden. Das Adagio beginnt mit einer romantischen Kantilene der dreifach geteilten Celli mit den Hörnern, die sich im weiteren Verlauf in fast Mendelsohn'sche Zweiunddreißigstel-Girlanden verwandelt. Das furiose Scherzo ist fünfteilig, wobei in den zwei Trios der zugrundeliegende Dreivierteltakt raffiniert in einen triolischen Zweivierteltakt umgeformt wird.
Mayer starb 1883 in Berlin und wurde rasch vergessen. Erst seit ca. zwanzig Jahren gibt es eine kleine Renaissance ihrer Musik; die f-Moll-Symphonie ist zuletzt 2001 in Berlin vollständig aufgeführt worden.
| M. Z.
Textpassagen und Informationen von: – Ullrich Scheideler im c:a-Programmheft 10
– Isabel Herzfeld im booklet der CD 21015 der Kammersymphonie Berlin, 2001
– Beatrix Borchard: Beethoven. Männlichkeitskonstruktionen im Bereich der Musik.
In Martina Kessel (Hg.): Kunst, Geschlecht, Politik. Männlichkeitskonstruktionen
und Kunst im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. FfM, 2005
Komponierende Frauen lassen sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermutlich an einer Hand abzählen. Sie waren damals so exotisch wie heute weibliche Vorstandsvorsitzende eines großen börsennotierten Unternehmens. Allenfalls fallen einem vielleicht Fanny Hensel (geb. Mendelssohn Bartholdy) oder Clara Schumann ein, von denen in den letzten Jahren etliche Kammermusikwerke (im Falle von Fanny Hensel vor allem Lieder) bekannt wurden. Die Männerdominanz war nicht spezifisch für das Metier des Komponierens, sondern resultierte aus einer allgemeinen Auffassung über das Betätigungsfeld von Frauen. Denn die Vorstellung, dass eine bürgerliche Frau überhaupt einem Beruf nachzugehen habe, war kaum weit verbreitet. Nur wenn eine Frau unverheiratet blieb, musste sie sehen, wo sie ein Auskommen fand.
Auch bei Emilie Mayer (1812–1883) sah das zunächst nicht sehr viel anders aus. Da sie nicht geheiratet hatte, blieb sie im väterlichen Hause im mecklenburgischen Friedland, um den Haushalt zu führen (die Mutter war bereits 1814 gestorben, die Geschwister hatten eigene Familien gegründet). Ein tragisches Familienereignis aber brachte die Wende, denn 1840 beging der Vater Selbstmord. Emilie Mayer sah sich nicht nur plötzlich auf sich allein gestellt, sondern auch im Besitz eines größeren Erbes, das ihr fortan finanzielle Unabhängigkeit gewährte. Mayer nutzte die so gewonnene Freiheit, um sich ganz der Kunst zu widmen: und zwar sowohl der Komposition wie auch der Bildhauerei.
In den Jahren 1841 bis 1846 studierte sie Komposition bei Carl Loewe (heute noch durch einige Balladen bekannt) in Stettin und ab 1847 bei Adolf Bernhard Marx in Berlin. 1850 trat sie erstmals mit eigenen musikalischen Werken an die Öffentlichkeit. Dass Mayer dabei große Ambitionen hatte, zeigt sich unter anderem darin, dass sie das Lied oder das lyrische Klavierstück weitgehend mied und stattdessen die großen repräsentativen Gattungen pflegte: Es entstanden mehrere Klaviertrios, Streichquartette, Violin- und Cellosonaten, insbesondere aber insgesamt acht Sinfonien und mindestens 15 Konzert-Ouvertüren.
Die nicht datierte Ouvertüre C-Dur, von Mayer als Nr. 3 gezählt, dürfte vor 1850 entstanden sein. Ob bzw. wann das Werk zur Aufführung gelangte, ist nicht bekannt. Zwar sind mehrere Rezensionen aus den Jahren 1850, 1854 und 1855 überliefert, in denen von der Aufführung einer Ouvertüre Emilie Mayers die Rede ist, doch ist nicht überliefert, um welches Werk es sich handelt. Die Ouvertüre C-Dur blieb (wie die meisten Orchesterwerke) ungedruckt und wird heute im Nachlass der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz aufbewahrt. Mayer schrieb nicht allein die Partitur, sondern auch die Stimmen selbst aus. Da diese kaum Gebrauchsspuren aufweisen, dürfte es (wenn überhaupt) nur selten zu einer Aufführung des Werks gekommen sein. Vermutlich ist das Werk seit etwa 150 Jahren nicht mehr erklungen. Mayer starb 1883 in Berlin und wurde rasch vergessen. Erst seit ca. 20 Jahren gibt es eine kleine Renaissance ihrer Musik.
| U. Sch.